Wie im letzten Beitrag zum Thema Ballett bereits angekündigt hier das Interview mit Stephanie Müller von der Ballettschule Next Step in Freiburg.
In der Schule für Bühnentanz Next Step gibt es neben den klassischen Kursen für Kinder und Jugendliche auch ein großes Kursangebot für Erwachsene. Mir reicht das immer noch nicht, aber vielleicht kommt ja bald noch ein Kurs hinzu 😉
Um etwas mehr über das Thema Ballett im Erwachsenenalter zur erfahren und weil ich es immer spannend finde, etwas über den Werdegang anderer Menschen zu erfahren, bat ich Steffi mir ein paar Fragen Rund um das Thema Ballett zu beantworten:
Liebe Steffi, wann und warum hast du angefangen Ballett zu tanzen?
Ich habe Ballett angefangen mit vier Jahren. Ich war im Kindergarten, und damals war das unter meinen Freundinnen im Kindergarten normal, die sind alle zum Ballett gegangen und ich bin dann irgendwann aus dem Kindergarten gekommen und habe gesagt, Mama ich will unbedingt Ballett machen. Und meine Mama hat dann gesagt, Steffi, weißt du denn überhaupt was Ballett ist? Und ich meinte, Nein, aber ich möchte dahin, alle meine Freundinnen gehen dahin. Ja, und dann bin ich einfach zum Ballettunterricht gegangen und irgendwie hat es mir dann seitdem gefallen. Ich müsste demnach so vier Jahre alt gewesen sein. Ich kann mich auch ehrlich gesagt gar nicht mehr richtig daran erinnern. Viele können sich ja an die erste Ballettstunde erinnern, ich leider nicht. Ich habe dann irgendwann die Ballettschule noch mal gewechselt, das müsste so mit fünf oder sechs gewesen sein, und daran kann ich mich wiederum erinnern. Ich fand die Lehrerin total toll und sie hat dann auch gesehen, dass ich schon mal Ballett gemacht habe, das fand ich natürlich super.
Wie verlief dann deine weitere “Ballettkarriere”?
Ich war dann zuerst in einer Ballettschule in der Nähe von meinen Eltern. Die war aber leider nicht so gut und dann bin ich, wir wohnen in Bochum, nach Dortmund und bin dort in einer Ballettschule. Meine Mama hat mich dann immer hingefahren. Das war auch gut so, denn meine alte Ballettlehrerin hat mich nicht gut korrigiert, sodass ich nicht gut stand. Es gibt im Ballett bei Ballettlehrern auch ganz große Unterschiede und meine Lehrerin hat mich eben nicht gut korrigiert und ich stand viel im Hohlkreuz. Meine Mama hat dann gesagt, das muss sich ändern, weswegen ich dann die Schule in Dortmund besucht habe. Mir hat es dort dann auch super gut gefallen. Die Ballettlehrerin war schon sehr streng, das muss man sagen, sie wusste genau was sie wollte und war sehr konsequent. Aber sie hat sich auch super viel Mühe gegeben, und mit 14 Jahren bin ich dann nach Mannheim. Meine Lehrerin hat meine Mutter gefragt, was möchte die Steffi später eigentlich mal machen? Meine Mama hat mich dann gefragt und meine Antwort war: “Ich möchte Ballettlehrerin werden”. Das war mir irgendwie schon immer klar. Und dann hat sie gesagt, ok gut, möchtest du es mal probieren, irgendwo an einer staatlichen Hochschule? Ich habe gesagt, klar warum nicht. Ich war 14 Jahre alt und dachte mir, dann machst du sowas halt mal mit. Ich wusste auch gar nicht, was mich erwartet und eigentlich war es auch nur, also es war eher so zum anschauen, und Erfahrungen sammeln. Ich war in Hamburg und habe da vorgetanzt. Die haben mich dann aber abgelehnt, weil meine Technik dafür, dass ich schon 14 Jahre alt war, zu schlecht war. Dass ich nicht genommen wurde, war für mich aber gar nicht so schlimm, denn ich fand es eher toll mal so eine Erfahrung gemacht zu haben. Mir hat das total Spaß gemacht und ich bin super glücklich raus gekommen.
Und dann bin ich nach Mannheim und habe dort die Aufnahmeprüfung gemacht und dort wurde ich dann genommen. Ich hatte dort noch normalen Unterricht und habe meinen Schulabschluss gemacht. Ich ging in die 7. Klasse, und habe dann mit meinem Realschulabschluss auch das Vorstudium an der Ballettschule abgeschlossen. Das war allerdings separat voneinander. Danach habe ich in Mannheim noch mal eine Aufnahmeprüfung für das Hauptstudium gemacht und dann ging es richtig los.
Dort wurde auch mit Partner getanzt und Spitzentanz und andere Tanzstile. Alles was man so kennt. Es war nicht einfach aber ich bin froh, dass ich es gemacht habe. Das geht vier Jahre und umfasst Pädagogik und Tanzen zusammen. Man muss sich dann für Bühnentanz oder Pädagogik entscheiden. Ich habe mich für das Pädagogische entschieden, da ich an meine Grenzen kam, was den Tanz betraf. Und habe dann darin meinen Bachelor gemacht und bin dann danach nach Freiburg gekommen, das war im Sommer 2014, und habe dann bei Next Step als Ballettlehrerin angefangen.
Stehst du auch noch selbst auf der Bühne?
Ich hatte Gastverträge im Nationaltheater in Mannheim und hab dann musicalmäßig dort getanzt. Das war eine super Bühnenerfahrung. Ansonsten kleinere Sachen, momentan eher weniger. Ich habe mich extrem auf das Unterrichten fixiert. Ich habe hier bei unserer Schulaufführung mitgemacht, das war super toll, mit den eigenen Schülern auf der Bühne zu stehen. Das war total schön und befreiend ohne Druck zu tanzen.
Bis zu welchem Alter kann man mit dem Tanzen anfangen und ist es dafür irgendwann zu spät?
Natürlich ist es immer so, umso früher man anfängt, umso besser ist es. Das ist klar. Es ist eine Kunst und nicht irgendeine Sportart, die man irgendwann mal wie Joggen anfängt oder so. Es ist wirklich eine Kunst auf die man jahrelang hin arbeitet und die auch nie perfekt ist, das ist das Traurige daran. Man kann nie perfekt genug sein. Dementsprechend kann man sich schon im Kinderalter alles noch erarbeiten, die Muskeln und der Knochenbau kommen noch. Aber tendenziell finde ich, ist man nie zu alt zum Tanzen. Ballett ist sehr gesund, wenn man es richtig macht. Das ist das Wichtige daran. Dafür braucht man dann echt auch einen guten Lehrer – kurzer Einwurf: Steffi ist eine sehr gute Lehrerin 🙂 – so lange man keine Schmerzen hat, gibt es keine Altersgrenze, wo man sagen würde, ab dem Alter sollte man es nicht mehr machen. Wenn man es hobbymäßig machen möchte. Wenn man es professionell machen möchte gibt es schon eine Grenze, da ist es dann schon so, dass man sehr jung anfangen sollte. Mit 18 ist es dann fast schon vorbei. Es gibt Ausnahmen, aber die meisten sind sehr jung. Ich selbst war schon mit 14 eher spät dran.
Unter welchen Voraussetzungen würdest du eher vom Balletttanzen abraten?
Also an sich würde ich dann abraten, wenn es in die Schmerzen geht, also wenn man bewusst Schmerzen hat. Ansonsten ist es, wenn man es richtig macht gut für den Körper. Es entstehen dann eigentlich auch keine Verletzungen. Deshalb würde ich davon an sich nicht abraten, man spürt selbst wie weit man gehen kann und muss auf den eigenen Körper hören. Dann ist das eher ein Ausprobieren und man sollte dabei nie über die eigenen Grenzen gehen. Als Lehrer empfiehlt man natürlich nur mit einem gesunden Körper Ballett zu machen und sollte im Zweifelsfall lieber noch mal von einem Arzt untersucht werden und ihn fragen, ob er von Ballett abraten würde. Wir hatten sogar überlegt sowas in die Verträge aufzunehmen, um uns auch abzusichern. Weil dann doch mal Verletzungen passieren können, wie überall.
Ich habe bei den Kindern z.B. zum ersten Mal ein Kind mit Down Syndrom, aber ich finde das macht einfach super viel Spaß, das zu erleben. Klar sind die vom Körper noch ein bisschen zurück, aber es ist so schön, was die für einen Spaß und eine Begeisterung mitbringen. Und das finde ich einfach total toll. Die sind so mit dem Herzen dabei und so liebevoll und sind einfach glücklich. Das gibt einem so viel wieder. Und daran merkt man einfach, dass das der richtige Beruf ist.
Gibt es Dinge, wie z.B. Spitzentanz, die Erwachsene (Ü 20) nicht mehr lernen können?
Also, doch das finde ich schon. Das ist oft einfach eine Kraftsache. Das heißt, dass es immer auf die Fußmuskulatur ankommt die muss natürlich mitspielen. Ansonsten, wenn man jetzt z.B. schon über 40 ist, sollte man echt vorsichtig sein, weil es da schon gefährlicher wird. Die Verletzungsgefahr, gerade der Fußgelenke, ist dann schon sehr groß. Aber mit 20, Mitte 20 oder auch 30 ist es nicht so dramatisch man muss nur natürlich alles mit Vorsicht genießen. (Für mich besteht also noch Hoffnung… 😉 ) Man sollte nicht erwarten, dass man alles auf Spitze macht, aber Spitze ist eigentlich einfach nochmal ein Kraftaufwand zusätzlich.
Werden wir somit Alle noch zu sterbenden Schwänen?!
Fast! Also wie gesagt, ich finde man muss das immer sehr speziell trennen. Also dieses Hobbymäßige und auf den “Beruf hin” ist einfach ein riesen Unterschied. Man müsste jeden Tag mehrere Stunden trainieren und du musst dafür gemacht sein. Es gibt wirklich viele Voraussetzungen. Die Dehnung muss stimmen, der Kraftaufbau muss stimmen, die Proportionen müssen stimmen, es muss wirklich alles stimmen. Deswegen wird das auch immer nur gezielt ausgesucht. Und selbst wenn man das Studium hinter sich hat, heißt das immer noch nicht, dass man dadurch auf der Bühne landet. Ich kenne viele die das Jahre probiert haben, aber die Konkurrenz ist so wahnsinnig groß und dann klappt es oft einfach nicht.
Deswegen war es mir auch so wichtig an einer “Hobbyschule” zu unterrichten, damit die Leute auch noch Spaß am Ballett haben. Das war mir total wichtig, weil ich einfach weiß, wie viel Druck dahinter sein kann. Ich bin froh, dass ich das jahrelang durchgezogen habe, aber ich finde echt, man sollte einfach nur Spaß daran haben, und dann kommt man auch viel weiter, wenn man locker und mit Spaß daran geht. Dann kann man auch einiges erreichen, was man vielleicht gar nicht erwartet hätte.
Vielen, vielen Dank liebe Steffi für das Interview und deine tollen Ballettstunden und deine Geduld mit uns “älteren” Ballerinas 🙂
Kommentare ( 17 )
Jenny
Sehr interessantes Interview!!
Ich habe auch eine Freundin, die erst verhältnismäßig spät mit Ballett angefangen hat, weil sie ihre kleine Tochter dort angemeldet hat! Sie ist jetzt mittlerweile 40 und es ist ihr liebstes Hobby!
Liebe Grüße
Jenny
http://www.fitandsparklinglife.com
Neele
Vielen Dank! Ja, für Ballett ist wirklich nie zu spät. Das freut mich für deine Freundin 🙂 Liebe Grüße, Neele
Carmen
Ich finde es richtig toll, dass es immer mehr Möglichkeiten gibt, das Erwachsene Ballett machen können. Ich tanze Ballett seit ich klein bin und ich liebe es bis heute. Ich würde es jedem empfehlen und es ist nie zu spät um anzufangen 🙂 Das Interview ist wirklich toll!
Ganz liebe Grüsse, Carmen – http://www.carmitive.com
Neele
Hallo liebe Carmen, vielen Dank! Das freut mich zu hören, dass eine Expertin das sagt 😉 Ich hätte auch so gerne früher angefangen, aber besser spät als nie. Liebe Grüße aus Freiburg, Neele
Christine
Ich kenne eine Ballerina persönlich, die auch lange die Solotänzerin in einem Ensemble war (allerdings in Amerika) und finde solche Interviews etc. daher immer recht interessant. Vor allem muss man eins sagen: Ballerinas haben ein wahnsinniges Körpergefühl. Meine Freundin hat einen Körper, auf den man nur neidisch sein kann und irgendwie diese gewisse Grazie in ihren Bewegungen…
Neele
Ja, das stimmt! Wow,toll dass du eine “echte” Ballerina kennst. Ich glaube dieser Job ist super hart aber auch traumhaft schön. Den Körperbau und die Grazie finde ich auch beneidenswert. Liebe Grüße, Neele
Fahnie
Hallo Neele, schönes und interessantes Interview. Gibt es denn Dinge auf die man achten sollte, wenn man sich eine Ballettschule sucht? Außer sein Gefühl. Herzlicher Gruß
Neele
Hallo Fahnie, vielen Dank erstmal! Also ich bin kein Experte, aber ich würde vielleicht schauen, ob man etwas über die Lehrer und deren Ausbildung in Erfahrung bringen kann. Häufig steht darüber ja auch was auf der Homepage der Schule. Dann kann man ja eigentlich immer eine Probestunde machen und merkt dort schnell, ob und wie der Lehrer die Schüler z.B. korrigiert, was, wie Steffi ja auch gesagt hatte, sehr wichtig ist, um Verletzungen zu vermeiden. Am Ende finde ich es, wie so oft im Leben, aber am wichtigsten, dass man sich wohl fühlt 😉 Ich hoffe, ich konnte dir helfen, LG Neele
Lisa
Ein supertolles Interview, liebe Neele! 🙂 Ich selbst habe 12 Jahre lang Ballett getanzt (von 6 bis 18 Jahren), dann aber während meines Studiums aufgehört. Nun überlege ich schon seit einer ganzen Weile wieder anzufangen (mit 24). Du hast mich mit diesem tollen Interview gerade sehr motiviert. ♡
Liebst,
Lisa von http://www.confettiblush.com
Neele
Vielen lieben Dank!!! Ja, fang unbedingt wieder an, das freut mich, wenn ich dazu beitragen kann 😉 Bei uns sind auch viele, die früher schon getanzt haben und ich finde es immer wieder Wahnsinn, wie sehr man das noch sieht. Also ganz viel Spaß und liebe Grüße, Neele
Patty
Ich finde es ist nie zu spät mit etwas zu beginnen, egal wie alt man ist 🙂 Dein Interview ist wirklich interessant geworden & erinnert mich an die Zeit zurück, in der ich selbst mal Ballett getanzt habe 🙂
Liebe Grüße 🙂
Measlychocolate by Patty
Neele
Vielen Dank! Ja, das stimmt, dafür ist es wirklich nie zu spät 🙂 Liebe Grüße aus Freiburg, Neele
S.Mirli
WOW, was für ein toller Beitrag, eine wirklich geniale Idee und Inspiration. Ich habe als Kind auch 5 Jahre eine Ballettschule besucht und hatte den typischen Mädchentraum einmal Primaballerina zu werden, dann bin ich in die Pubertät gekommen 😉 Ich habe aber ernsthaft immer wieder überlegt auch jetzt als Erwachsene einfach nur für mich und meinen Körper wieder damit anzufangen. Vielleicht hast du mir jetzt mit deinem Beitrag wirklich den letzten Anstoß dazu gegeben. Vielen Dank dafür, alles Liebe, x S.Mrili (http://www.mirlime.com)
Neele
Lieben Dank! Ja, fang unbedingt wieder an!!! Ich kann es wirklich nur empfehlen, vor allem, wenn du früher schon mal getanzt hast, dann fällt es dir bestimmt total leicht. Ich bin gespannt und wünsche dir viel Erfolg, ganz liebe Grüße, Neele