Immer wieder werde ich von Freundinnen, Kolleginnen und Leserinnen bzw. Followerinnen gefragt, wie es eigentlich dazu kam, dass ich mein Kaufverhalten so radikal verändert habe. Da ich diese “Entwicklung” noch nie so richtig dargestellt habe, hole ich das heute nach.
15 Jahre Shoppingsucht
Wenn ihr diesen Blog regelmäßig gelesen habt, wisst ihr bestimmt, dass ich shoppingsüchtig war. Ich habe jede Woche irgendetwas gekauft, meistens Klamotten oder Kosmetik. Manchmal nicht nur eine Sache, sondern gleich mehrere. Jede Woche trudelten neue Pakete bei uns ein, die Postboten kannte ich beim Namen. Alles war natürlich Fast Fashion und dementsprechend billig, sodass ich mich wenigstens nicht in bedenkliche finanzielle Unkosten geworfen habe. In Summe ist das, was ich in all den Jahren für sinnloses Zeug ausgegeben habe, allerdings enorm.
Ich erzähle euch das, damit diejenigen, die mich nicht persönlich kennen nachvollziehen können, was es für ein Schritt war, damit (nahezu) komplett aufzuhören. Manchmal kann ich es selbst kaum glauben, denn mir fehlt absolut nichts. Aber eins nach dem anderen.
Wie gesagt, habe ich in den vergangenen 15 Jahren geshoppt bis zum Umfallen. Angetrieben von ständig wechselnden Kollektionen, den immer günstigeren Preisen und dem ständigen Vergleichen und Mithalten wollen auf Instagram und Co. habe ich nicht gemerkt wie krank und traurig dieses Verhalten eigentlich war. Wenn ich zurück denke ist es, als wäre ich ein anderer Mensch gewesen. Klingt krass, ist aber so. Ich bereue nichts, das mache ich generell nicht, aber ich würde gerne anderen helfen, nicht genau so zu sein, bzw. zu werden.
Mein Weg
Um ehrlich zu sein, kann ich nicht genau sagen, was am Ende der ausschlaggebende Punkt war, mit dem Kaufen aufzuhören. Rückblickend war es, glaube ich, eine Kombination aus drei Dingen:
Yoga – eine Doku – und ein Buch
Über alle Themen habe ich hier einzeln bereits berichtet, dennoch noch mal kurz, zusammengefasst:
Ich habe vor anderthalb Jahren angefangen regelmäßig Yoga zu machen und zu meditieren. Zum ersten Mal in meinem Leben habe ich erfahren, wie es ist, sich so anzunehmen wie man ist. Durch die Zeit in Stille und die Beschäftigung mit sich selbst hat sich in mir unglaublich viel verändert. Das ist natürlich nicht von heute auf morgen passiert. Je mehr ich mich jedoch mit Yoga und seiner Philosophie vor allem aber mit der Meditation beschäftigt habe, desto mehr hat sich in mir getan. Des weiteren habe ich all meine tollen Yogalehrerinnen bewundert und tue es noch heute, die allesamt eine große Ruhe ausstrahlen und wirklich von Innen heraus leuchten.
Das Buch “Das Leben der Bienen” habe ich in unserem Korsika Urlaub im Oktober 2018 gelesen. Bereits durch Yoga zum Nachdenken animiert, tat dieses Buch dann sein übriges. Es geht darum wie wir durch unser ausbeuterisches Wirtschaften dafür sorgen, dass die Bienen aussterben und somit, über kurz oder lang, der Menschheit das Selbe droht. Dieses Buch hat mich so tief bewegt, dass ich beschloss, so gut es geht auf Fast Fashion zu verzichten und auch ansonsten so ökologisch wie möglich zu handeln.
Die Dokumentation “The True Cost” sah ich im Dezember 2018. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits einen kleinen “Shopping Rückfall”, während ich die Doku sah, waren drei Pakete auf dem Weg zu mir. Hatte mich das Buch “Das Leben der Bienen” schon zum Nachdenken beeindruckt, erschütterte mich die Doku zutiefst.
Ich saß vor dem Fernseher und konnte nicht mehr aufhören zu weinen. Wenn ihr die Möglichkeit habt, schaut sie euch an. Sie beleuchtet so gut, wie keine Doku die ich vorher gesehen habe, alle Seiten des Konsumwahnsinns. Besonders auch den der Marketing Maschinerien, welche uns alle, seit wir denken können, vereinnahmen. Uns wird non stop suggeriert, was wir alles konsumieren müssen, um hübscher, beliebter, cooler oder was sonst noch alles zu sein. Ein Stück weit können wir also gar nichts dafür, denn schon als Kind bekommen wir über die Werbung eingetrichtert, ständig etwas Neues haben zu müssen.
Der Schlussstrich
Nachdem ich die Doku gesehen hatte, schickte ich alle Pakete zurück. Natürlich habe ich nichts davon behalten. Ich habe seit diesem Tag keine Fast Fashion mehr gekauft, außer bei Kleiderkreisel und Co.
Am selben Tag habe ich mein Kosmetikregal ausgeräumt und gleich das nächste Mal geweint. Ich besaß Lidschatten von Mac in der selben Farbe drei Mal! Make Ups von nahezu jeder großen Marke. Es war ein Berg an Produkten, die mir zum ersten Mal verdeutlichten, wie unsicher der Mensch sein muss, der sich dies alles andrehen ließ. Wie wenig er sich selbst lieben muss. Das hat mich unglaublich traurig gemacht aber zugleich die Augen geöffnet. Ich habe alles verschenkt und benutze seitdem die gleichen sechs Produkte. Maximal. Manchmal auch gar nichts, was für mich ein großer Schritt ist, denn früher bin ich nie ungeschminkt aus dem Haus.
Ich zog im Dezember 2018 also einen radikalen Schlussstrich, dem leider, wie ihr wisst, am Ende auch dieser Blog in seiner bisherigen Form zum Opfer gefallen ist. Wenn ich etwas mache dann richtig und dann ziehe ich es auch durch. Bisher habe ich es keinen Tag bereut. Im Gegenteil! Mir ging es noch nie besser als heute. Ich habe so viel mehr Zeit, Raum und vor allem Geld! Wenn ihr es nur aus einem einzigen, egoistischen, Grund machen wollt, dann weil ihr so viel Geld sparen werdet. Ich mache es primär aus Überzeugung, mittlerweile aber auch deshalb, weil ich wirklich nichts von all dem Zeug brauche oder jemals gebraucht habe.
Ich bin so dankbar, dass mir das am Ende klar wurde und dass ich jetzt mit so viel weniger, so viel glücklicher bin.
Photo by Javier Allegue Barros on Unsplash
Kommentare ( 2 )
Diana
Liebe Neele, sehr ehrlich und interessant, wie Du Deine Wandlung beschreibst, kann ich gut nachvollziehen. Auch ich versuche, möglichst wenig zu kaufen, das schon seit Jahren. Allerdings komme ich nicht ganz ohne Shopping aus. Im Sommer begeisterten mich die alten Looks von Isabel Marant, als diese flotten, gerüschten, irgendwie frechen Röcke häufiger in ihrer Kollektion vorkamen. Zum Glück fand ich einige bei ebay günstig und seitdem lieb ich sie heiß und innig, weil sie so gut zu meiner Garderobe passen.
Von Jahr zu Jahr bin ich aber froh, wenn ich sehe, ich trage die Teile auch wieder gern, zum Beispiel meinen cremefarbenen Kaschmirpullover. Und jeden Sommer freue ich mich darauf, in der kalten Jahreszeit wieder meinen absoluten Lieblingsmantel und absoluten Lieblingspullover wieder anzuziehen. Das sind dann meine Basics, die sehr viel Geld gekostet haben, die aber absolut eine Investition waren, weil ich ihnen so lange schon die Treue halte und mich in ihnen total wohl fühle.
Neele Hofmann
Vielen Dank! Ich finde auch nicht, dass man komplett aufs Kaufen verzichten “muss”. Müssen tut man eh nichts. Aber genau wie du es schreibst, erstmal Second Hand auf die Suche gehen, spart Geld und Ressourcen. Win Win also. 🙂 Ich trage auch am liebsten Klassiker und freue mich bei jedem Saison Wechsel auf meine Lieblingsteile. Viele liebe Grüße Neele